Unser Rentensystem kann ohne Kinder nicht überleben.
Die gesetzliche Rentenversicherung ist ein Generationenvertrag: Die erwerbstätige Generation versorgt mit ihren Beiträgen die Generation im Ruhestand und erwartet, dass sie später ebenso von der nachwachsenden Generation unterstützt wird. Damit dies funktioniert, sind zwei Voraussetzungen notwendig: Kapital und Kinder.
Kinder müssen versorgt und betreut werden. Dafür treten Eltern – vor allem Mütter – im Beruf kürzer. Da aber die Kindererziehung in der Rentenversicherung viel geringer bewertet wird als Erwerbsarbeit, bekommen Eltern später auch eine geringere Rente. Die Kinder aber, die sie erzogen haben, finanzieren nicht nur die Altersversorgung ihrer Eltern, sondern auch die vergleichsweise höheren Renten Kinderloser oder kinderarmer Familien.
Wir meinen: Erziehungsleistung muss stärker anerkannt werden!
So sah das auch das Bundesverfassungsgericht. Es stellte 1992 im „Trümmerfrauenurteil“ fest, dass Eltern mit Beitragszahlungen und Kindererziehung einen doppelten Obolus zum Generationenvertrag der Rentenversicherung leisten. Denn ohne Kinder kann unser Rentensystem nicht überleben. Infolge des Urteils erhalten Mütter, die ihre Kinder vor 1992 geboren haben, heute eine Rentenaufstockung von einem Jahr Kindererziehungszeit. Das entspricht rund 28 Euro (West) bzw. 25 Euro (Ost) im Monat. Mütter, die nach 1992 geboren haben, bekommen dagegen drei Jahre Kindererziehungszeiten (84/75 Euro). Auch diese Ungleichbehandlung ist nicht gerecht.
Wir meinen: Jedes Kind ist gleich viel Wert!
2001 erging aus Karlsruhe ein weiteres Urteil für mehr Familiengerechtigkeit in der Sozialversicherung: die Erziehungsleistung der Eltern müsse auch bei den Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt werden, so die Richter. Das bedeutet: Eltern sollten niedrigere Renten beiträge zahlen als Kinderlose. Je mehr Kinder eine Familie erzieht, desto niedriger muss der Beitrag sein. Doch diese Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes wurde bisher von der Politik weitgehend ignoriert und nur in der Pflegeversicherung – und dort auch nur ungenügend – umgesetzt.
Wir meinen: Eltern haben einen Anspruch auf niedrigere Beiträge zur Rentenversicherung!
„Indem Eltern die zukünftigen Arbeitskräfte aufziehen, welche die Renten auch der Kinderlosen durch ihre Beiträge werden finanzieren müssen, finanzieren sie über ihren Beitrag zur Humankapitalbildung indirekt die Renten der Kinderlosen mit, die zudem im Durchschnitt vergleichsweise höhere Rentenanwartschaften erwerben können. Die so genannte ‚Transferausbeutung der Familien‘ lässt sich in weniger krasser Form auch in den übrigen Transfersystemen nachweisen.“
Franz-Xaver Kaufmann, Professor für Sozialpolitik und Soziologie an der Universität Bielefeld